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G8-Gipfel

Nutzer: Tiefenrausch
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geschrieben am: 03.03.2003    um 21:00 Uhr   
Genf - Evian: G8 wird blockiert


Am vergangenen Wochenende haben sich in der schweizerischen Grenzstadt am Genfer See über 250 Menschen getroffen, um die Aktionen gegen den G8-Gipfel in Evian, am südlichen französischen Ufer des Genfer Sees vorzubereiten. Anwesend waren hauptsächlich Leute aus Frankreich und Schweiz, sowie AktivistInnen aus Dänemark, Italien, Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, dem spanischen Staat (aus Barcelona), usw.

Die Ausgangslage am Genfer See (frz. Lac Leman) ist sehr spannend: Der G8-Gipfel findet in einer Grenzregion Frankreichs statt, mit größeren Schweizer Städten die direkt von den Sicherheitsmaßnahmen und der roten Zone betroffen sein werden, Genf und Lausanne.

Evian ist ein relativ kleiner Badeort in den französischen Alpen, so daß vieles von der für den Ablauf des Gipfels notwendigen logistischen Struktur in Genf und Lausanne sein werden. Alleine in Lausanne (gegenüber von Evian am nördlichen Ufer des Genfer Sees) werden 2000-2500 G8-Delegierte und ÜbersetzerInnen, JournalistInnen, usw.) untergebracht werden, bis zu 50 VIPs (wichtige Persönlichkeiten, keine hohen Staatsgäste aus den "mächtigsten" Staaten), Polizei, Armee und Helikopter. Eine rote Zone wird die Stadt entzwei teilen, ab Donnerstag (29. Mai, Feiertag) werden die ersten Gäste erwartet, die dann per Schiff über den See fahren sollen.

Ankunftsort für die meisten Delegierten ist der Genfer Flughafen, und auch in Genfer Hotels werden Delegationen untergebracht sein.

Genf ist die Geburtsstadt von Peoples' Global Action, des weltweiten Netzwerks von Basisbewegungen. Bereits 1998 wurden hier Erfahrungen bei den Protesten gegen die Jubiläumstagung der Welthandelsorganisation (WTO) gesammelt. Nebst der WTO haben auch die UNO und weitere Institutionen ihren Sitz in Genf, z.B. die IOM (International Organization for Migration). In der Schweiz wurden in den letzten Jahren sehr viele Erfahrungen mit der Mobilisierung gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos (WEF) gemacht, die mit repressiven Maßnahmen konfrontiert wurde, z.B. mit polizeilichen Personenkontrollen und massiver Einschränkung des Demonstrationsrechts.

Durch die Lage an der Grenze bietet sich bei der Mobilisierung nach Evian die Forderung nach free movement und offenen Grenzen an. Eine gute Voraussetzung für die Gipfelvorbereitung bietet auch das breite regionale Social Forum am Genfer See, das Forum Social Lemanique (FSL). Dies spiegelte sich in der Atmosphäre des Treffens wider, in dem AnarchistInnen, libertäre SozialistInnen, Gewerkschaften, Attacies und viele andere in einem überraschend solidarischen Klima zusammen saßen. Eine simultane Übersetzung sorgte dafür, daß auch die internationalen Gäste den Diskussionen (bei denen sich sehr wenige Frauen zu Wort meldeten) ungefähr folgen konnten.
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Nutzer: Tiefenrausch
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geschrieben am: 03.03.2003    um 21:02 Uhr   
Viele Initiativen und Gruppierungen planen bereits Aktionen gegen den G8-Gipfel, es gibt mehrere verschiedene Webseiten, und auch aus der Genfer und Lausanner Bevölkerung ist starke Unterstützung für den Widerstand gegen das Treffen der acht mächtigen Staaten zu erwarten. Auf der französischen Seite ist das Kollektiv gegen G8 des Departement Haute Savoie (und auch die BäuerInnenvereinigung Confederation Paysanne) beteiligt, die Unterstützung von Organisationen in Paris erhalten.

Vor dem Treffen am 1./2. März plädierten Attac- und GewerkschaftsfunktionärInnen für eine Massendemonstration am Samstag, also vor Beginn des eigentlichen Gipfels am Sonntag, 1. Juni. Begründung: die Werktätigen müßten am Montagmorgen wieder zuhause schuften. Im Laufe des Treffens in Genf tendierten die Meinungen hin zum Konsens, den G8-Gipfel mit Massenaktionen am Sonntagmorgen zu blockieren. Zum Konsens beigetragen haben unter anderem auch die Erfahrungen aus Italien der breiten Unterstützung zur Blockade von Zügen mit Kriegsmaterial.

Effektive Blockade
Die Blockaden sollen nicht symbolisch sein, sondern den G8-Gipfel soweit möglich verhindern, mindestens behindern. Menschen aus den lokalen Dörfern und Städten werden aufgerufen, sich an diesen Blockaden zu beteiligen. Die lokalen Gruppen werden relativ früh gegen die geplanten einschränkenden Sicherheitsmaßnahmen mobilisieren und vorgehen (1. Mai Demo in Evian, Aktionen zur Mülldeponierung entlang der roten Zone in Lausanne, usw.).

Die Blockade wird an mehreren Orten statt finden. Eine der bevorzugtesten Strecken wird grenzüberschreitend von Genf bis Annemasse (Frankreich) verlaufen und die Zugangsstrassen nach Evian blockieren. Auf der anderen Seite des Genfer Sees wird Lausanne ein wichtiger Blockadeort sein.

Um die Bauchschmerzen der GewerkschafterInnen zu lindern, wurde folgende Kompromißformel für den Aufruf zu effektiven Blockaden gefunden: 1. Für Bewegungsfreiheit (freedom of movement) und offene Grenzen, 2. Aufruf zur politischen Blockierung des G8- Gipfels, 3. Aufruf zur einheitlichen Demonstration von Genf nach Annemasse am Sonntagmorgen, 4. Solidarische Unterstützung der gewaltfreien/ pazifistischen Aktionen zur Blockade des G8- Gipfels, 5. Aufruf zu weiteren Aktionen in der Woche von Ende Mai bis Anfang Juni.


Viele weitere Aktionen werden die Gipfelaktivitäten ergänzen, z.B. 50 große Feuer rund um den Genfer See. "Le Feu au Lac" (es ist dringend) sagen die FischerInnen, wenn es Zeit ist heimzukehren weil die Sonne schon untergeht auf dem Wasserspiegel. Deep Purple wurde von Rauchwolken über dem Genfer See zum Lied "Smoke on the Water" angeregt.

Zwei Camps werden AktivistInnen beherbergen. Die beiden Camps unterscheiden sich politisch, das Camp VAAAG (Village anticapitaliste, alternatif et anti-guerres) wird eine klare antikapitalistische, anti-autoritäre, antimilitaristische und antipatriarchale Ausrichtung haben und möchte sich politisch deutlich von repräsentativen bürokratischen Parteien- und Gewerkschaftsstrukturen unterscheiden. Das Camp des Netzwerks G8 illegal ist offener und pluralistischer organisiert. Die AktivistInnen von G8 illegal wollen eine basisdemokratische Entscheidungsstruktur mit verschiedenen Barrios wie beim internationalen no border camp in Strasbourg aufbauen, und aus den dortigen Erfahrungen und Fehlern lernen.

Am 26. und 27. April finden bereits Aktionen und Demonstrationen gegen den G8- Umweltgipfel in Angers, Frankreich, statt.
In Heidelberg findet am 29.3. ein Vorberitungstreffen zu Evian statt.
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