Auf den Beitrag: (ID: 1021603) sind "2" Antworten eingegangen (Gelesen: 493 Mal).
"Autor"

Der Abgesang hat begonnen

Nutzer: Gast_Bubba
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 08.04.2004
Anzahl Nachrichten: 27

geschrieben am: 14.01.2005    um 21:10 Uhr   
Nächste Woche wird auf der Hauptversammlung die Übernahme des Musiksenders Viva besiegelt. Die TV-Gruppe wird zur Billigmarke
Auf ihrer Bluse schlängeln sich wellenförmig dunkle Streifen, auf dem kurzen Rock wachsen kleine Erdbeeren. Sie sitzt breitbeinig, das Haar zersaust, der Blick selbstbewußt, in der linken Hand eine Fernbedienung. So schaut sie die Passanten an, als Viva im Sommer 2000 an die Börse geht. "Kauf mich!" ruft die junge Frau von Plakatwänden in deutschen Innenstädten den Passanten zu.
Wörtlich nahm Medienkonzern Viacom den Slogan "Kauf mich!" im vergangenen Juni. Damals übernahm er die Aktienmehrheit am TV-Unternehmen mit seinen 660 Mitarbeitern. Damit sind die konkurrierenden Sender Viva und MTV jetzt unter einem Dach vereint.
Wenn sich am kommenden Freitag auf der Viva-Hauptversammlung die Aktionäre treffen, geht es nur noch darum, den Beherrschungsvertrag abzuschließen.
Die Übernahme wird offiziell, die Viva-Aktie verschwindet von der Börse, der Abgesang auf den Standort Köln beginnt: Viacom habe immer darauf hingewiesen, daß der Standort erhalten bleibe, betont zwar der Viva-Gründer und noch amtierende Vorstandschef Dieter Gorny, schiebt aber hinterher: "Was das konkret bedeutet, ist noch offen." Zu früh sei es momentan, über die Pläne für Köln zu sprechen, sagt Deutschlands MTV-Chefin Catherine Mühlemann, die nun auch für Viva zuständig ist. Fest steht aber bereits: "Aus wirtschaftlichen Gründen sind Entlassungen leider unvermeidbar."
Das Viva-Gebäude liegt im Stadtteil Mülheim, umgeben von Produktionshallen und Diskotheken. Im Foyer des Senders betreibt die Kaffeehaus-Kette Starbucks eine Filiale. In schweren Ledersesseln nehmen Thomas Diekmann, Sonja Eckmann und Georg Hermens Platz. Die drei sind Mitglieder des Viva-Betriebsrats und fürchten, daß bis zu 290 Mitarbeiter ihre Jobs verlieren könnten. Klar sei noch nicht, wann es zu den Entlassungen kommt. "Das größte Problem ist die Ungewißheit", sagt Diekmann.
Dabei glich es einer kleinen Revolution, als Viva vor elf Jahren auf Sendung ging. Mit deutschen Moderatoren wie Heike Makatsch oder Stefan Raab und deutschen Bands wie "Die Fantastischen Vier" oder "Guano Apes" überholte Viva ein Jahr nach dem Start MTV und wurde Marktführer bei den 14- bis 29jährigen. "Viva war Lebensstil", sagt Eckmann. "Mitarbeiter gründeten Wohngemeinschaften mit Kollegen und machten jede Menge Überstunden."
Dann wurde Viva von der Medienkrise überrascht. Werbeeinnahmen und Erträge sanken in den vergangenen Jahren. Viva-Chef Gorny schrieb im Geschäftsbericht 2003: "Die Schwäche des Werbemarktes macht Veränderungen erforderlich."
Folglich probierte es der Chef mit Auslandsgeschäften. Eigene Sender unterhält Viva in der Schweiz, in Polen, Ungarn und den Niederlanden. Die Projekte reichen bis nach Asien, wo die Kölner mit dem Sender CETV kooperieren. Viva kaufte im Jahr 2002 die Produktionsfirma Brainpool, die Sendungen wie "TV Total" oder bis vor kurzem "Anke Late Night" herstellt. Doch alles half nichts, Viva entwickelte sich zum Übernahmekandidaten. "Vielleicht wollte Dieter zu viel", sagt Betriebsrätin Eckmann.
So viele Ideen die Manager für Zusatzgeschäfte hatten, so wenig besaßen sie für die Inhalte der Viva-Sendungen. Programmdirektor Elmar Giglinger wechselte Anfang 2000 zu MTV, Moderator Markus Kavka folgte kurz darauf. Von ihrer Kreativität profitierte die Konkurrenz. Bei MTV ließ Giglinger erfolgreich japanische Manga-Comics senden. Viva zog nach. Die Berliner zeigten die Ekel-Show "Jackass", die Kölner antworteten mit "Travel Sick". "In der Krise fehlten Viva gute Konzepte, um sich von MTV abzugrenzen", sagt Dirk Völler von der
Musikzeitschrift Intro. Vielmehr entwickelten sich die beiden Kölner Sender zur MTV-Kopie. "Viva und Viva Plus haben ihr Profil und ihre Strategie in den vergangenen Jahren mehrfach geändert", sagt MTV-Chefin Mühlemann. Das habe weder den Zuschauern noch dem Werbemarkt gefallen.
Selbst die Programm-Perle "Fast Forward", für die Moderatorin Charlotte Roche 2004 den Grimme-Preis erhielt, dampften die Programmverantwortlichen von Viva immer weiter ein. Statt wie geplant eine Stunde soll die Sendung manchmal nur 18 Minuten gelaufen sein.
  Top
"Autor"  
Nutzer: Gast_Bubba
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 08.04.2004
Anzahl Nachrichten: 27

geschrieben am: 14.01.2005    um 21:13 Uhr   
Der Abgesang hat begonnen (2)

Selbst die Programm-Perle "Fast Forward", für die Moderatorin Charlotte Roche 2004 den Grimme-Preis erhielt, dampften die Programmverantwortlichen von Viva immer weiter ein. Statt wie geplant eine Stunde soll die Sendung manchmal nur 18 Minuten gelaufen sein.
Künftig sollen bei Viva "Big Brother"-Folgen laufen, zentrales Programm von Viva Plus werden "Hot Music, Games und Fun", SMS-Angebote rücken in den Mittelpunkt. "Mit Musikfernsehen hat das nur noch wenig zu tun", sagt Betriebsrat Hermens. Solche Inhalte lassen sich billiger einkaufen als selbstproduzierte Sendungen. Viva könnte wie MTV davon profitieren, daß Eigner Viacom den Töchtern eine Reihe von Formaten günstig überläßt. Dessen Sendungen flimmern in mehreren Ländern über die Bildschirme und sind billiger als nur national gesendete Formate wie etwa "Sarah Kuttner - Die Show" von Viva.
Rund 310 Millionen Euro hat Viacom für Viva bezahlt. Viel Geld, denn die Einschaltquoten von Viva und Viva Plus dümpeln im Durchschnitt bei weniger als ein Prozent aller Zuschauer dahin. MTV und sein Schwestersender MTV2 Pop erreichen ähnlich viele Zuschauer. Bei Sat 1 schalten im Durchschnitt 13mal so viele Zuschauer ein. Die Kontrollmehrheit des Pakets Pro Sieben Sat 1 soll den amerikanischen Investor Haim Saban im Jahr 2003 rund 525 Millionen Euro gekostet haben - im Vergleich zu Viva ein Schnäppchen.
Eine einzige Sendergruppe bestimmt jetzt das deutsche Musikfernsehen. Allen Ernstes verspricht der neue Monopolist, gerade das sorge für mehr Programmvielfalt. "Alle vier Kanäle werden komplementär zueinander positioniert und ein anderes Publikum ansprechen", sagt Mühlemann. Andererseits hatte sie selbst vor einem halben Jahr prophezeit, daß langfristig höchstens Platz für "zwei bis drei Musikkanäle auf dem deutschen Fernsehmarkt" sei. Auf einem Kanal könnte demnächst Viacom seinen Trickfilmsender Nickelodeon laufen lassen, spekuliert Betriebsrat Diekmann.
Schon mit dem für 2005 geplanten neuen Programm von Viva wird ein großer Teil der 660 Beschäftigten überflüssig. In Berlin läßt MTV eine Büroetage für gerade einmal 45 neue Arbeitsplätze ausbauen.


  Top
"Autor"  
Nutzer: Biro
Status: CF-Team
Post schicken
Registriert seit: 02.07.2004
Anzahl Nachrichten: 6906

geschrieben am: 14.01.2005    um 23:58 Uhr   
ehrlich gesagt konnte ich es schon immer weniger leiden, dass MTV kaum noch Musik macht sondern nur noch irgendwelche shows
wenn sie sich jetzt auch noch komplett VIVA einverleiben ohne dem sender seine eigenen freiheiten zu lassen, dann wars das wohl mit wirklichen musiksendern!
´¨)
¸.·´¸.·´¨) ¸.·*¨)
(¸.·´ (¸.·´ .·´
.·´ ¸.·*`
(¸.·´
  Top