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'die Zeit und ich darin'

Nutzer: Elaine_Marley
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geschrieben am: 26.05.2002    um 15:56 Uhr   
[rot][i]Hallo ihr da!
Ich habe ehrlichgesagt keinen Plan, ob diese Geschichte wirklich ins Forum Poesie gehört
Nun ja, was sollÂ’s
Wie ich euch kenne, rafft sich eh kein schwein auf um sich das durchzulesen

[schwarz]Susanne Kilian
[b]Die Zeit und ich darin[/b]
Wenn ich über mich selbst nachdenke, komme ich zu keinem Ende. Das fängt damit an, dass es kaum einen Grund dafür gibt, warum ich außergerechnet ich bin. Ich könnte irgendein anderes Kind sein. Warum bin ich hier geboren, aber nicht in Amerika oder in China, irgendwo sonst auf der Welt? Warum bin ich gerade zu dieser Zeit geboren? Wo würde ich sein, wenn ich nicht geboren wäre? Einfach nicht da? Noch nicht? Oder an genommen: ich, geboren im Jahre 2050 auf dem Mars: Ich! Ganz anders wäre ich. Wie würde ich sprechen und denken? Nichts von dem, was ich jetzt denke, würde ich verstehen. Oder doch? Und ich, geboren im Jahre 10n. Chr., heute längst tot, aber damals auch ein lebendiges Kind...
Ich erinnere mich genau an den einen Tag in Italien, als wir diese römischen Ruinen anschauten. Es war heiß. Wind war da, heißer Wind, wie’s ihn hier gar nicht gibt. Der Himmel blau (wie hier niemals), fast dunkelblau. Es duftet nach den vielen Kräutern, die dort wachsen. Sie haben Traum-Namen: Rosmarin, Basilikum, Oregano, Thymian...
Ich saß allein auf einem Steinblock, der vor langer Zeit einmal eine Türschwelle war. Vor mir die Steinvierecke, zwischen denen Grasbüschel wuchsen- vor langer Zeit war das einmal eine Straße. Ich döste vor mich hin in der heißen Sonne. Die Schritte meiner Eltern entfernten sich weiter, immer weiter. Nur die Zikaden surrten diesen gleichbleibenden Metallton.
Sonst war es still. Die Grasbüschel nickten im Wind, die Kräuter dufteten...
Da war es mir, als wäre ich nicht, als wäre ich ein Römerkind, das auf der Türschwelle sitzt, die Hände auf dem sonnenwarmen Stein, und meine Haare wehten gegen die steinerne Türumrandung. Alles war neu: die Ruinen – bewohnte Häuser, aber doch wieder nur alte Steine, über die jahrhundertelang Tag und Nacht und Wind und Regen und Sonne dahingegangen waren, wie in Sekunden. Als hätte es nie angefangen und nie aufgehört: der Stein, die Sonne, der Wind und ich.
In meinen Gedanken tauchte die Linie auf, die wir in der Schule auf die Tafel gemalt haben: Wie lang die Welt besteht, angefangen bei 0. Und 0 liegt Millionen und Abermillionen von Jahren zurück. Dann kamen die Stein-, die Bronze- und die Eisenzeit, und irgendwann in diesen Hunderten, Tausenden, Millionen Jahren tauchten die ersten Menschen auf. Wir zeichneten auf dieser Linie den letzten, kleinsten Abschnitt ein: Neuzeit, gerechnet nach Christi Geburt...
Kleiner, kleiner Abschnitt auf dieser langen Linie, deren Anfang so weit zurück liegt, dass einem schwindelig wir, wenn man an diese ganze Zeit denkt; und ihr Ende wird ebenso weit in die Zukunft reichen, wird vielleicht die gleiche Zeit dauern oder Ewigkeiten länger.
Ich saß da und kam mit der Zeit nicht mehr zurecht. Sie kam mir unendlich vor und doch wieder nur kurz: Ich sah mich selbst in der Zeit. Auch wenn ich achtzig Jahre lebe, das wäre nur ein Augenzwinkern lang. Und doch wären es achtzig mal dreihundertfünfundsechzig Tage! Plötzlich kam ich mir so klein vor, winzig klein, wie ein Stecknadelkopf.

Hätte mein Vater mir nicht die Hand auf die Stirn gelegt und „Ja, ja, ich weiß!“, gesagt, „das ist die Hitze, die macht einen matt und schläfrig“, bestimmt wäre ich weggeflogen, hätte mich verflüchtigt, wäre wie ein Wassertropfen dort auf dem Stein verdunstet.
Damals konnte ich meinen Mund nicht halten, redete, versuchte, mich klar und deutlich auszudrücken, redete von den Zeiten und so, damit mein Vater verstand, was ich meinte. Aber er verstand nichts. Er und Mutter dachten, ich hätte einen Hitzschlag!
Ich redete von der Ewigkeit, und sie redeten von Hitzschlag! Na ja. Trotzdem war ich damals froh, wieder bei ihnen zu sein, Pizza zu essen und Cola zu trinken.


[rot]Ich hatte das gestern Abend meiner kleinen Schwester durch Zufall vorgelesen. Und irgendwie brachte es mich ein wenig zum grübeln...

elaine!
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"Autor"  
Nutzer: dudditz
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geschrieben am: 22.08.2002    um 19:22 Uhr   
is nich wirklich poesi aber die story is komisch ...
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"Autor"  
Nutzer: Elaine_Marley
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Anzahl Nachrichten: 884

geschrieben am: 23.08.2002    um 22:08 Uhr   
[i][schwarz]oho
Was hat dich denn dazu veranlasst, einen Blick in diesen uralten Beitrag von mir zu werfen?

Ich finde die Geschichte auf eine Art schon ganz nett. Vor allem, wenn man sich mal so bewusst macht, wie verdammt kurz das eigene Leben wirklich ist...

Na ja

elaine!
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