Auf den Beitrag: (ID: 561053) sind "8" Antworten eingegangen (Gelesen: 268 Mal).
"Autor"

Kleines Glück

Nutzer: Gast_Zaira
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 18.04.2001
Anzahl Nachrichten: 563

geschrieben am: 05.01.2003    um 23:07 Uhr   
Heinz erwachte wie jeden Sonnabend als erster. Gerda besaß die Fähigkeit ihren Körper aufs Wochenende umzustellen. Er konnte das nicht, wie immer wachte er um sechs Uhr auf. Aber er gönnte sich, ein wenig zu Dösen, im Wachsein zu träumen. Wie friedlich Gerda schläft, dachte er. Ja, wir sind zwei linke Latschen, uns bringt wohl keiner mehr auseinander, nur der Gevatter Tod kommt eines Tages. Eigentlich hatten wir ein schönes Leben, und es ist immer noch schön. Natürlich, ohne Probleme geht es nirgends, aber wir meisterten sie.
Dann meldete sich sein Magen. Was sollte er machen, die Zeit war so weit. Außerdem musste er auf Toilette. Also erhob er sich langsam, immerhin auf seine Art, den Sonnabend genießend. Soll sie schlafen, die Gute, ich werde ein schönes Frühstück zubereiten, mit diesen Gedanken ging er ins Bad, duschte kalt, wie jeden Morgen, und schon beim Abtrocknen begann er zu Pfeifen. Und dann wirtschaftete er in der Küche, immer schön langsam. Obwohl er laut pfiff und zwar alte Schnulzen, obwohl die Teller und Tassen klapperten, wusste er, Gerda schlief weiter, Geräusche weckten sie eigenartiger Weise nicht auf, aber Gerüche. Als der Kaffeeduft und der Geruch der gebratenen Eier mit Speck und Tomaten durch die Wohnung zog, dazu noch die gerösteten Semmeln, tauchte sie plötzlich an der offenen Küchentür auf.
„Guten Morgen, Schatz.“
„Guten Morgen, mein Liebling.“
Das waren halt ihre Floskeln am Sonnabend morgen, den schönsten Tag der Woche. Sie verschwand im Bad.
Währenddessen ging er in seinen Filzpantoffeln die Treppe hinunter und holte die Zeitung aus dem Briefkasten.
Sie konnte er jetzt in aller Ruhe lesen, denn Gerda brauchte unendlich Zeit im Bad. Auch das bildete keinen Streitpunkt mehr in ihrer vierundzwanzigjährigen Ehe.
Er nutzt die Zeit zur friedlichen Lektüre, die Politikseiten überschlug er gleich und ging über zu den Sportseiten.
Da begann es, wie seit Wochen schon, als der neue Mieter über ihnen einzog. Er spielte Klavier.
Heinz sah nach der Uhr an der Wand. Es war kurz vor halb acht. Warum spielte dieser Mann um diese Zeit Klavier? Heinz konnte nur den Kopf schütteln. Und er spielte immer das gleiche Stück, irgend etwas Klassisches, Heinz hatte das schon oft gehört, wenn er in einer Behörde anrufen musste und in der Warteschleife saß. Und immer blieb er an derselben Stelle hängen und begann von vorn. Heinz versuchte den Artikel über den Fußballer, der im Rollstuhl saß und nun wieder spielte, zu Ende zu lesen. Es gelang ihm nicht, die Klimperei raubte ihn jede Konzentration. Und wieder ging es los. Nein, Heinz konnte nicht lesen.
„So“, sagte er laut und faltete die Zeitung zusammen.
Danach schlurfte er zum Flur und zog sich die Lederhandschuhe an und ging zurück in die Küche, noch nicht mal den Takt konnte er halten. Heinz öffnete das untere Schubfach des linken Küchenschrankes und holte die Rührkeule heraus. Gerda backte immer noch Kuchen nach altmodischer Art.
  Top
"Autor"  
Nutzer: Gast_Zaira
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 18.04.2001
Anzahl Nachrichten: 563

geschrieben am: 05.01.2003    um 23:08 Uhr   
Heinz ließ die Wohnungstür offen und schlich die Treppe hoch. Hier auf dem Flur war die Klimperei noch lauter. Er wartete, bis dieser Stümper an die Stelle kam, an der er immer hängen blieb, dann klingelte er mit dem linken Zeigefinger seiner behandschuhten Hand, in der rechten Hand hielt er die Rührkeule hinter dem Rücken.
Der Mann öffnete. Er war noch ziemlich jung, aber sah arg verwahrlost aus, die Haare fielen ihm wirr ins Gesicht, und in seinem Mundwinkel hing eine Zigarette.
„Guten Morgen“, sagte der Mann und sein Gruß hatte so einen fragenden Unterton. Er konnte sprechen mit der Zigarette im Mund.
„Guten Morgen“, antwortete Heinz höflich.
Dann schlug er zu, hart und genau. Der Mann hatte keine Chance, sich wenigstens zu erschrecken. Er sackte sofort zusammen. Heinz nahm ihm die noch brennende Zigarette aus dem Mund und drückte sie auf dem Fußboden aus. Dann rollte er den Mann behutsam in seinen Flur und zog die Tür zu.
Leise schlich er wieder hinunter und warf die blutige Keule in den Mülleimer.
Er setzte sich wieder auf seinen Stuhl und nahm sich die Zeitung vor, war schon interessant, was die Ärzte heutzutage alles schaffen.
Dann kam Gerda aus dem Bad, sie sah so frisch aus, wie neugeboren. Heinz lächelte und legte die Zeitung beiseite.
„Ach, mein Schatz“, sagte Gerda, „wie du das immer hinkriegst.“
„Für dich, mein Liebling“, antwortete Heinz.
Dann aßen sie beide, die Semmeln waren noch warm, köstlich.
Auf einmal stutzte Gerda.
„Sag mal“, sprach sie und kicherte, „heute keine Klaviermusik?“
„Nee“, sprach Heinz und biss von seiner Semmel ab, „ich hab ihn erschlagen.“
Gerda sah ihn an.
„Wirklich?“
„Ja.“
Zwischen ihnen gab es keine Geheimnisse.
„Womit?“
„Mit der Rührkeule.“
„Und wo ist die jetzt?“
„Im Mülleimer“, antwortete Heinz.
Gerda stand auf und schaute in den Mülleimer.
„Tatsächlich“, sagte sie und setzte sich wieder, um weiter zu frühstücken.
Nach ein paar Minuten stutzte sie.
„Hast du auch Handschuhe angezogen?“
Heinz antwortete mit vollem Mund etwas undeutlich.
„Ich bin doch kein Idiot, natürlich.“
Gerda schwieg, als wenn sie nachdachte. Schließlich sagte sie.
„Na ja, den Müllsack nehmen wir nachher mit runter, wenn wir zum Einkaufen fahren, Montags kommen ja immer die Müllmänner.“
Später saßen sie zusammen und machten den Einkaufszettel fertig.
„Ach“, sagte Gerda, als sie schon eigentlich alles aufgeschrieben hatten, „schreibe noch Rührkeule dazu, wir brauchen eine neue, ich will doch heute noch Käsekuchen backen.“
Heinz schmunzelte. Na klar, heute nachmittag kommen die Kinder zu Besuch, und Gerdas Käsekuchen war ein Hit, besonders, wenn er noch warm war.
Und er schrieb am Ende des Zettels „Rührkeule.“
  Top
"Autor"  
Nutzer: Gast_Zabia
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 20.06.2002
Anzahl Nachrichten: 5679

geschrieben am: 06.01.2003    um 12:43 Uhr   
Hihiiii!

Zaira:
Seit 20 Jahren klopft die Nachbarin, die ober mir wohnt jeden Sonntag um 1/2 12h ihre Schnitzel....

Womit würdest Du zuschlagen?
  Top
"Autor"  
Nutzer: Gast_Susa
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 26.02.2006
Anzahl Nachrichten: 930

geschrieben am: 06.01.2003    um 18:37 Uhr   
Hm.. Der Text ist mir ein bisschen zu evident an vielen Stellen und die Idee ist keineswegs neu .. aber die kleine Geschichte liest sich ganz gut, schreibst recht nette Sachen ab und an ..
  Top
"Autor"  
Nutzer: Lactaria
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 07.06.2002
Anzahl Nachrichten: 88

geschrieben am: 06.01.2003    um 19:11 Uhr   
Susa ist so überaus großzügig -g-
  Top
"Autor"  
Nutzer: Gast_Zaira
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 18.04.2001
Anzahl Nachrichten: 563

geschrieben am: 11.01.2003    um 20:51 Uhr   
Verbeugt sich vor Susa...danke..

Soll ich Dir die neue Rührkeule ausleihen, Zabia
  Top
"Autor"  
Nutzer: Gast_Zabia
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 20.06.2002
Anzahl Nachrichten: 5679

geschrieben am: 12.01.2003    um 11:37 Uhr   
Ja. Wart aber noch ein, zwei Minuten.

Heute hat sie etwas Verspätung.
  Top
"Autor"  
Nutzer: Gast_Zabia
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 20.06.2002
Anzahl Nachrichten: 5679

geschrieben am: 12.01.2003    um 11:40 Uhr   
Schnell, Zaira!

Jetzt, genau jetzt brauch ich sie!

Reich sie rüber!
  Top
"Autor"  
Nutzer: Gast_Zaira
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 18.04.2001
Anzahl Nachrichten: 563

geschrieben am: 13.01.2003    um 21:36 Uhr   
Oh mist....zu spät. Aber, wer sagt denn, das Du die Rührkeule genau zur Tatzeit brauchst??

Ich lass sie mal hier...

für alle Fälle
  Top