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Kurt Tucholsky

Nutzer: Gast_Zabia
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geschrieben am: 25.11.2002    um 13:39 Uhr   
Ich hab mal gestöbert, ob ich ein bestimmtes Gedicht von Tucholsky finde. Habs noch nicht entdeckt, aber vorerst 2, die ich Euch nicht vorenthalten will.
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Nutzer: Gast_Zabia
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geschrieben am: 25.11.2002    um 13:40 Uhr   
Kurt Tucholsky
Danach
Es wird nach einem happy end
im Film jewöhnlich abjeblendt.
Man sieht bloß noch in ihre Lippen
den Helden seinen Schnurrbart stippen-
da hat sie nun den Schentelmen.
Na,und denn-?
Denn jehn die beeden brav ins Bett
Naja.....diß is ja auch janz nett.
A manchmal möchte man doch jern wissen:
Wat tun se, wenn se sich nich kissen?
Die könn ja doch nich immer penn.....!
Na, und denn-?

Denn säuselt im Kamin der Wind.
Denn kricht det junge Paar 'n Kind.
Denn kocht se Milch. Die Milch looft üba.
Denn macht er Krach.Denn weent sie drüba.
Denn wolln sich beede jänzlich trenn.....
Na, und denn-?

Denn is det Kind nich uffn Damm.
Denn bleihm die beeden doch zesamm.
Denn quäln se sich noch manche Jahre.
Er will noch wat mit blonde Haare:
vorn doof und hinten minorenn....
Na, und denn-?

Denn sind se alt.
Der Sohn haut ab.
Der Olle macht nu ooch bald schlapp.
Vajessen Kuß und Schnurrbartzeit-
Ach, Menschenskind,wie liecht det weit!
Wie der noch scharf uff Muttern war,
det is schon beinah nich mehr wahr!
Der olle Mann denkt so zurück:
wat hat er nu von seinen Jlück?
Die Ehe war zum jrößten Teile
vabrühte Milch und Langeweile.
Und darum wird beim happy end
im Film jewöhnlich abjeblendt.
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Nutzer: Gast_Zabia
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geschrieben am: 25.11.2002    um 13:44 Uhr   
Zur soziologischen Psychologie der Löcher
Daß die wichtigsten Dinge durch Röhren gethan werden.
Beweise: erstlich die Zeugungsglieder, die Schreibfeder
und schließlich unser Schießgewehr.
(Lichtenberg)
Ein Loch ist da, wo etwas nicht ist.
Das Loch ist ein ewiger Kompagnon des Nichtlochs: Loch allein kommt nicht vor, so leid es mir tut. Wäre überall etwas, dann gäbe es kein Loch, aber auch keine Philosophie, und erst recht keine Religion, als welche aus dem Loch kommt. Die Maus könnte nicht leben ohne es, der Mensch auch nicht: Es ist beider letzte Rettung, wenn sie von der Materie bedrängt werden. Loch ist immer gut.

Wenn der Mensch "Loch" hört, bekommt er Assoziationen: Manche denken an Zündloch, manche an "Knopfloch" und manche an Goebbels.

Das Loch ist der Grundpfeiler dieser Gesellschaftsordnung, und so ist sie auch. Die Arbeiter wohnen in einem finstern, stecken immer eins zurück, und wenn sie aufmucken, zeigt man ihnen wo der Zimmermann es gelassen hat, sie werden hineingesteckt, und zum Schluß überblicken sie die Reihe dieser Löcher, und pfeifen auf dem letzten. In der Ackerstraße ist Geburt Fluch; warum sind diese Kinder auch gerade aus diesem gekommen? Ein paar Löcher weiter, und das Assessorexamen wäre ihnen sicher gewesen.

Das Merkwürdigste an einem Loch ist der Rand. Er gehört noch zum Etwas, sieht aber beständig in das Nichts, eine Grenzwache der Materie. Das Nichts hat keine Grenzwache: während den Molekülen am Rande eines Lochs schwindlig wird, weil sie in das Loch sehen, wird den Molekülen des Lochs... festlig? Dafür gibt es kein Wort. Denn unsre Sprache ist von den Etwas-Leuten gemacht; die Loch-Leute sprechen ihre eigne.

Das Loch ist statisch; Löcher auf Reisen gibt es nicht. Fast nicht.

Löcher, die sich vermählen, werden ein Eines, einer der sonderbarsten Vorgänge unter denen, die sich nicht denken lassen. Trenne die Scheidewand zwischen zwei Löchern: Gehört dann der rechte Rand zum linken Loch? oder der linke zum rechten? oder jeder zu sich? oder beide zu beiden? Meine Sorgen möcht ich haben.

Wenn ein Loch zugestopft wird: wo bleibt es dann? Drückt es sich seitwärts in die Materie? oder läuft es zu einem anderen Loch, um ihm sein Leid zu klagen - wo bleibt das zugestopfte Loch? Niemand weiß das: unser Wissen hat hier eines.

Wo ein Ding ist, kann kein anderes sein. Wo schon ein Loch ist: kann da noch ein anderes sein?

Und warum gibt es keine halben Löcher-?

Manche Gegenstände werden durch ein einziges Löchlein entwertet; weil an einer Stelle von ihnen etwas nicht ist, gilt nun das ganze übrige nichts mehr. Beispiele: ein Fahrschein, eine Jungfrau und ein Luftballon.

Das Ding an sich muß noch gesucht werden; das Loch ist schon an sich. Wer mit einem Bein im Loch stäke und mit dem andern bei uns: der allein wäre wahrhaft weise. Doch soll dies noch keinem gelongen sein. Größenwahnsinnige behaupten, das Loch sei etwas Negatives. Das ist nicht richtig: der Mensch ist ein Nicht-Loch, und das Loch ist das primäre. Lochen sie nicht; das Loch ist die einzige Vorahnung des Paradieses, die es hienieden gibt. Wenn sie tot sind, werden sie erst merken, was Leben ist. Verzeihen sie diesen Abschnitt; ich hatte nur zwischen dem vorigen Stück und dem nächsten ein Loch ausfüllen wollen.

Peter Panther

(K. Tucholksy hat unter mehreren Pseudonymen - Namen- geschrieben, auch unter Theobals Tiger, u.a.)
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Nutzer: Gast_Zabia
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geschrieben am: 25.11.2002    um 14:13 Uhr   
... denn das Unglück ist eine eitle Frau und will hofiert werden. Beachtet man es nicht, dann stirbt es.
- Kurt Tucholsky


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Erwarte nichts. Heute: das ist dein Leben.
- Kurt Tucholsky


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Trudele durch die Welt. Sie ist so schön: gib dich ihr hin, und sie wird sich dir geben.
- Kurt Tucholsky


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Dürfen darf man alles - man muß es nur können.
- Kurt Tucholsky


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Die Basis jeder gesunden Ordnung ist ein großer Papierkorb!
- Kurt Tucholsky


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Geh deinen Weg. Es gibt so viele Wege.
- Kurt Tucholsky


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Der Vorteil der Klugheit besteht darin, daß man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.
- Kurt Tucholsky


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geschrieben am: 25.11.2002    um 16:45 Uhr   
Heureka, ich habs gefunden:

Die Leibesfrucht spricht

Für mich sorgen sie alle:
Kirche, Staat, Ärzte und Richter.
Ich soll neun Monate schlummern;
ich soll es mir gut gehen lassen sie wünschen mir alles Gute.
Sie behüten mich.
Gnade Gott, wenn meine Eltern mir etwas antun; dann sind sie alle da.
Wer mich berührt, wird bestraft;
meine Mutter fliegt ins Gefängnis,
mein Vater hintenach,
der Arzt, der es getan hat, muß aufhören Arzt zu sein.
Die Hebamme, die geholfen hat, wird eingesperrt.
Ich bin eine kostbare Sache.

Für mich sorgen sie alle:
Kirche, Staat, Ärzte und Richter.
Neun Monate lang.
Wenn aber diese neun Monate vorbei sind,
dann muß ich sehen, wie ich weiterkomme.

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Nutzer: Gast_Zabia
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geschrieben am: 25.11.2002    um 17:25 Uhr   
Eigenartigerweise hab ich eine 2. Fassung gefunden.
Allerdings ist die die korrekte.
Kann sich ja jeder selber Gedanken drüber machen, warum da 2 Fassungen existieren . . .




Für mich sorgen sie alle: Kirche, Staat, Ärzte und Richter.

Ich soll wachsen und gedeihen; ich soll neun Monate schlummern; ich soll es mir gut sein lassen sie wünschen mir alles Gute. Sie berühren mich. Sie wachen über mich. Gnade Gott, wenn meine Eltern mir etwas antun; dann sind sie alle da. Wer mich anrührt, wird bestraft; meine Mutter fliegt ins Gefängnis, mein Vater hinternach; der Arzt, der es getan hat, muss aufhören, Arzt zu sein; die Hebamme, die geholfen hat, wird eingesperrt ich bin eine kostbare Sache. Für mich sorgen sie alle: Kirche, Staat, Ärzte und Richter. Neun Monate lang.


Wenn aber diese neun Monate vorbei sind, dann muss ich sehn, wie ich weiterkomme. Die Tuberkulose? Kein Arzt hilft mir. Nichts zu essen? Keine Milch? Kein Staat hilft mir. Qual und Seelennot? Die Kirche tröstet mich, aber davon werde ich nicht satt. Und ich habe nichts zu brechen und zu beißen, und stehle ich: gleich ist ein Richter da und setzt mich fest. Fünfzig Lebensjahre wird sich niemand um mich kümmern, niemand. Da muss ich mir selbst helfen.

Neun Monate lang bringen sie sich um, wenn mich einer umbringen will.
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geschrieben am: 25.11.2002    um 20:44 Uhr   
[farbe][b][i]Hi Zabia hab gedacht ich muss mich ma wieder bei dir melden mag nich das der Kontakt abbricht

Der Teddy

H.D.L
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geschrieben am: 25.11.2002    um 23:25 Uhr   
doppelt hält besser.
Geändert am 25.11.2002 um 23:31 Uhr von zabia
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geschrieben am: 25.11.2002    um 23:30 Uhr   
Hab grad kein Mailadressbuch. Kann nur antworten, weil mein Rechner formatiert wird.
Hab Dich lieb, Teddy! Schreib mir an [email protected] , damit ich über webmail antworten kann.
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