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Das Märchen von der traurigen Traurigkeit

Nutzer: Der_Professor
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geschrieben am: 18.01.2003    um 21:41 Uhr   
Das Märchen von der traurigen Traurigkeit

Es war eine kleine Frau, die den staubigen Feldweg entlang kam.
Sie war wohl schon echt alt, doch ihr Gang war leicht, und ihr Lächeln
hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens.
Bei der zusammengekauerten Gestalt blieb sie stehen und sah hinunter.
Sie konnte nicht viel erkennen. Das Wesen, das da im Staub des Weges saß,
schien fast körperlos. Es erinnerte an eine graue Flanelldecke mit
menschlichen Konturen.
Die kleine Frau bückte sich ein wenig und fragte: "Wer bist du?"
Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. "Ich? Ich bin die Traurigkeit",
flüstere die Stimme stockend und so leise, dass sie kaum zu hören war.
"Ach, die Traurigkeit!" rief die kleine Frau erfreut aus,
als würde sie eine alte Bekannte begrüßen.
"Du kennst mich?" fragte die Traurigkeit misstrauisch.
"Natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal hast du mich ein
Stück des Weges begleitet."
"Ja, aber ...", argwöhnte die Traurigkeit, "warum flüchtest du
dann nicht vor mir? Hast du denn keine Angst?"
"Warum sollte ich vor die davonlaufen, meine Liebe? Du weißt doch
selbst nur zu gut, dass du jeden Flüchtigen einholst.
Aber, was ich dich fragen will: Warum siehst du so mutlos aus?"
"Ich ... ich bin traurig", antwortete die graue Gestalt mit brüchiger Stimme.
Die kleine, alte Frau setzte sich zu ihr. "Traurig bist du also",
sagte sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf.
"Erzähl mir doch, was dich so bedrückt."
Die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr diesmal wirklich jemand zuhören wollen?
Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht.
"Ach, weißt du", begann sie zögernd und äußerst verwundert,
"es ist so, dass mich einfach niemand mag. Es ist nun mal meine Bestimmung,
unter die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen.
Aber wenn ich zu ihnen komme, schrecken sie zurück.
Sie fürchten sich vor mir und meiden mich wie die Pest."
Die Traurigkeit schluckte schwer. "Sie haben Sätze erfunden,
mit denen sie mich bannen wollen. Sie sagen: Papperlapapp, das Leben ist heiter.
Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot.
Sie sagen: Gelobt sei, was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen.
Sie sagen: Man muss sich nur zusammenreißen.
Und sie spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken.
Sie sagen: Nur Schwächlinge weinen.
Und die aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe.
Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen,
damit sie mich nicht fühlen müssen."
"Oh ja", bestätigte die alte Frau, "solche Menschen sind mir schon oft begegnet.
Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen.
"Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen.
Wenn ich ganz nah bei ihnen bin, können sie sich selbst begegnen.
Ich helfe ihnen, ein Nest zu bauen, um ihre Wunden zu pflegen.
Wer traurig ist, hat eine besonders dünne Haut.
Manches Leid bricht wieder auf wie eine schlecht verheilte Wunde,
und das tut sehr weh. Aber nur, wer die Trauer zulässt
und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden wirklich heilen.
Doch die Menschen wollen gar nicht, dass ich ihnen dabei helfe.
Statt dessen schminken sie sich ein grelles Lachen über ihre Narben.
Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit zu.
Die Traurigkeit schwieg.
Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schließlich ganz verzweifelt.
Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt
tröstend in ihre Arme. Wie weich und sanft sie sich anfühlt,
dachte sie und streichelte zärtlich das zitternde Bündel.
"Weine nur, Traurigkeit", flüsterte sie liebevoll,
"ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln kannst.
Du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern. Ich werde dich begleiten,
damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr an Macht gewinnt."
Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und betrachtete
erstaunt ihre neue Gefährtin: "Aber ... aber ...wer bist eigentlich du?"
"Ich?" sagte die kleine, alte Frau schmunzeln,
und dann lächelte sie wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen.
"Ich bin die Hoffnung."
Man sollte die Hoffnung NIE aufgeben. Es findet sich immer ein Weg.
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Nutzer: Gast_SchwarzeWolke
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geschrieben am: 18.01.2003    um 21:56 Uhr   
*lächelz*
Dank dir für diese wunderschöne Geschichte : )
"..man muss noch Chaos in sich haben um einen tanzenden Stern gebären zu können.." -Nietzsche-
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Nutzer: Gast_SchwarzeWolke
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geschrieben am: 18.01.2003    um 22:03 Uhr   
Die Hoffnung war heute wieder besonders penetrant. Sie trug ein schillerndes meergrünes Kleid aus einem fließenden, enganliegendem Stoff. Um die Schultern glitzerten Hunderte von kleinen Vielleichts, bunt und vielversprechend. Sie hatte sich außerdem jede Menge Träume auf dem Kopf drapiert, so daß es aussah wie ein schriller Hut mit imaginären Pfauenfedern, die bei jedem ihrer Schritte Form und Farbe veränderten.

Die Angst schlich ein paar Schritte hinter ihr, wie ein Schatten. Beide versuchten krampfhaft, sich zu ignorieren.

Die Hoffnung kam leise näher, beschwingten Schritts, und summte eine sentimentale Melodie leise vor sich hin.

Maja fühlte, wie das Lied sie berührte und war sich der Versuchung bewußt, die von der Musik ausging. Sie konnte das Verlangen spüren, einfach hinzugehen, sich umarmen zu lassen und zu versinken in Welten, die bunt waren und ekstatisch.

Doch der Schatten, der der Hoffnung folgte, kam immer unvermittelt und verwandelte das Paradies in die Hölle, von einem Augenblick zum anderen, und es gab keine Flucht.

Maja schüttelte heftig den Kopf und versuchte aufzustehen.

Es fiel ihr schwer, sie war wie betäubt von dem schweren sinnlichen Duft, den die Hoffnung ausströmte und den kleinen unhörbaren Lockrufen der Vielleichts.
Du gehst mir entsetzlich auf die Nerven, sagte sie zur Hoffnung und vermied dabei, sie anzusehen.

Sieh doch, erwiderte die Hoffnung völlig unbeeindruckt, mein neues Kleid.....

Du weißt doch, wie es heißt, nicht wahr, sagte die Hoffnung und kicherte. Sie fing an zu lachen. Ihr Lachen hatte einen schrillen Unterton und Maja sah, wie der Schmerz plötzlich um die Ecke geschossen kam und die Hoffnung mit einer unwirschen Handbewegung zur Seite stieß.

Soll ich Dir helfen, sie loszuwerden? fragte der Schmerz und setzte sich neben sie, so dicht, daß es ihr unangenehm war. Die Angst hatte sich an der Hoffnung vorbeigeschlichen und stand lauernd vor ihr.

Maja fing an zu laufen.

Die Hoffnung lief ein Stück hinter ihr her, aber all die Vielleichts und Träume hinderten sie daran, das Tempo zu halten. So blieb sie zurück und sah Maja aus ihren dunklen, verhangenen Augen nach, wartend...

Maja rannte noch ein Stück, bis sie ihren Atem spüren konnte und ihr Herz schlagen hörte, dann setzte sie sich auf einen großen warmen Stein und ruhte einen Moment lang aus.

Der Schmerz stand hinter ihr und legte ihr seine Arme sanft um den Hals.
Sie ließ es einfach geschehen.
Irgendwann öffnete sie die Augen und sah ihn vor sich sitzen.
Er war alt, uralt, und nur manchmal sah er jung aus, doch bei näherem Hinsehen erkannte sie ihn immer.

Warum läßt du mich nicht endlich zufrieden, fragte sie ihn.
Ich bin hier, um dir zu helfen, sagte er.
Er sah sie an, und in diesem Augenblick wußte sie, daß er recht hatte.

Sie mochte ihn trotzdem nicht. Wann immer es ging, versuchte sie ihm aus dem Weg zu gehen, aber er tauchte oft so unvermittelt auf, daß sie es nicht schaffte.
Aber du tust mir weh, sagte sie und sah ihn an.
Die Traurigkeit setzte sich neben sie und hielt ihre Hand.
Würdest du sonst verstehen? fragte der Schmerz. Seine Stimme war auf einmal ganz weich und liebevoll.

Sie lehnte sich an die Schulter der Traurigkeit und schloß wieder die Augen.
Leise erhob sich der Schmerz und ging.
Soll ich dich ein bißchen begleiten, fragte die Traurigkeit, als sie aufstand.
Ja, antwortete sie, komm, wir gehen....

Sie gingen Hand in Hand durch die Nacht, lange Zeit, bis der Horizont sich langsam rot zu färben begann.
Ich muß dich jetzt verlassen, sagte die Traurigkeit und blieb stehen. Sie liebte die Nacht.
Ich weiß, sagte Maja leise, auf Wiedersehen.

Sie setzte sich in ein kleines Restaurant am Wegrand, das einladend nach frischem Kaffee roch.
Der Ober kam aufgeregt und fragte nach ihren Wünschen.
Sie müssen sich beeilen, sagte der Ober und wedelte nervös mit der Speisekarte. Der Film fängt gleich an. Er verschwand, leise vor sich hinmurmelnd, und kam kurz darauf mit dem Kaffee wieder. Erwartungsvoll sah er sie an.


"..man muss noch Chaos in sich haben um einen tanzenden Stern gebären zu können.." -Nietzsche-
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Nutzer: Gast_SchwarzeWolke
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geschrieben am: 18.01.2003    um 22:05 Uhr   
Ich möchte keinen Film, sagte sie und hielt ihre Kaffeetasse mit beiden Händen fest. Ich bin auf der Suche nach der Wirklichkeit. Haben Sie sie zufällig irgendwo gesehen?

Der Ober sah sie irritiert an.
Was ist Wirklichkeit, fragte er, der Film fängt doch gleich an.
Kopfschüttelnd ging er nach drinnen.

Sie trank ihren Kaffee aus und ging langsam auf den Hafen zu. Dort lagen eine Menge Boote und Yachten vertäut an den Stegen. Sie kletterte in ein kleines Boot, das ganz hinten sachte auf den Wellen hin- und herschaukelte.

Als sie gerade Platz genommen hatte und auf das Wasser hinaussah, hörte sie, wie der Dieselmotor gestartet wurde. Neugierig ging sie nach vorne.
Am Steuer stand die Hoffnung und kicherte vor sich hin. Sie hatte sich eine alte Kapitänsmütze aufgesetzt, aus der nun die Träume aus allen Seiten herausquollen.

Du siehst völlig albern aus, sagte sie zur Hoffnung.
Die Hoffnung hob ihr Kleid ein wenig und sagte: Aber wenn du erst meinen Original-Kapitänsschlüpfer sehen könntest, und kicherte noch mehr, so sehr, daß ihr all die kleinen Vielleichts herunterfielen und auf dem Deck umhertanzten und hüpften.
Maja schüttelte ein paar von ihnen von ihrem Arm.
Dann wandte sie sich wortlos um und ging hinunter in die Kajüte.
Sie setzte sich an den kleinen Holztisch und betrachtete den liebevoll ausgestatteten Raum.

Eines der Vielleichts hatte sich die Treppe heruntergeschlichen und tanzte jetzt aufgeregt um sie herum. Sie nahm es in die Hand und setzte es vorsichtig in den Zuckertopf. Das Vielleicht quirlte begeistert im Zucker hin und her.

Als sie nach einer Weile wieder nach oben stieg, war die Hoffnung verschwunden.
Willst du nicht vielleicht das Steuer übernehmen, fragte der Wind. Wer weiß, wo du sonst landest...

Vielleicht kann ich ja gar nicht steuern, sagte sie.
Da bemerkte sie plötzlich, daß das kleine Vielleicht sich an ihrem Ärmel festgebissen hatte. Sie schüttelte es weg.

Dann stellte sie sich ans Steuer.
Aye, aye, Captain, sagte sie fröhlich zum Wind.
Und wohin gehts? fragte er und zerrte am Segel.
Zum Regenbogen, sagte sie lächelnd.

Vor ihr glitzerte das offene Meer.

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Nutzer: Der_Professor
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geschrieben am: 18.01.2003    um 22:35 Uhr   
die farbe der traurigkeit

tief in mir
dort
wo meine gefühle sich vereinen
mal bunte
mal grelle
mal leuchtende farben

ist eine farbe
wunderschön
dunkel
anziehend
mächtig

die farbe
der traurigkeit

dominant
kalt und warm zugleich
faszinierend
anziehend
schimmert sie mir leise
und verlockend entgegen

und ich folge ihr
immer wieder
ihr zauber nimmt mich gefangen
ich falle ihr entgegen

und ich verliere dabei
den goldenen
immer leuchtenden ball
der hoffnung
den ich in meinen händen halte


ich falle

stürze ab

in die traurigkeit

es geht tiefer und tiefer


doch der ball der hoffnung
fällt mit
und sein gold
beginnt zu strahlen
es wärmt mich

und
tief in mir
dort
wo meine gefühle sich vereinen
leuchtet die hoffnung freudig hervor
und ich nehme ihren goldenen ball
wieder in meine hände

um gewappnet zu sein
für das nächste mal
für den zauber
der farbe der traurigkeit

(Luca)

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Nutzer: Gast_SchwarzeWolke
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geschrieben am: 18.01.2003    um 23:32 Uhr   
Bin Froh das es noch do Leute die den Herrn Professor gibt
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Nutzer: Schnee-mann
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geschrieben am: 19.01.2003    um 00:11 Uhr   

Das ist wohl etwas mehr Text als erwartet
Eine Antwort kommt sicher später
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Nutzer: Gast_Zabia
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geschrieben am: 19.01.2003    um 07:36 Uhr   
Wichtige Texte hier in diesem Mäppchen!



Mir fehlt noch die Geschichte der Verzweiflung und der Wut und des Zornes.

Diese Gefühle sind sehr wichtig, um Verhältnisse ändern zu können.

Damit dann die Geschichte der Zufriedenheit vorgestellt werden kann.
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Nutzer: Der_Professor
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geschrieben am: 19.01.2003    um 10:03 Uhr   
Das Geheimnis der Zufriedenheit

Es kamen einmal ein paar Suchende zu einem alten Zenmeister.

"Herr", fragten sie "was tust du, um glücklich und zufrieden zu sein? Wir wären auch gerne so glücklich wie du."

Der Alte antwortete mit mildem Lächeln: "Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ich und wenn ich esse, dann esse ich."

Die Fragenden schauten etwas betreten in die Runde. Einer platzte heraus: "Bitte, treibe keinen Spott mit uns. Was du sagst, tun wir auch. Wir schlafen, essen und gehen. Aber wir sind nicht glücklich. Was ist also dein Geheimnis?"

Es kam die gleiche Antwort: "Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ist und wenn ich esse, dann esse ich."

Die Unruhe und den Unmut der Suchenden spürend fügte der Meister nach einer Weile hinzu: "Sicher liegt auch Ihr und Ihr geht auch und Ihr esst. Aber während Ihr liegt, denkt Ihr schon ans Aufstehen. Während Ihr aufsteht, überlegt Ihr wohin Ihr geht und während Ihr geht, fragt Ihr Euch, was Ihr essen werdet. So sind Eure Gedanken ständig woanders und nicht da, wo Ihr gerade seid. In dem Schnittpunkt zwischen Vergangenheit und Zukunft findet das eigentliche Leben statt. Lasst Euch auf diesen nicht messbaren Augenblick ganz ein und Ihr habt die Chance, wirklich glücklich und zufrieden zu sein."

(Quelle unbekannt)
Geändert am 19.01.2003 um 10:06 Uhr von Der_Professor

Geändert am 19.01.2003 um 13:00 Uhr von Der_Professor
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Nutzer: Gast_Zabia
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geschrieben am: 19.01.2003    um 11:48 Uhr   
Diese Geschichte der Zufriedenheit könnte auhc Martin Buber erzählt haben.


Danke!
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Nutzer: Der_Professor
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geschrieben am: 19.01.2003    um 13:11 Uhr   
Ich habe nichts gefunden was auf Martin Buber als Verfasser schliessen lässt.
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Nutzer: Gast_SchwarzeWolke
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geschrieben am: 19.01.2003    um 17:59 Uhr   
Die Zeit saß im Morgenrock an ihrem Schreibtisch und war gerade damit beschäftigt, sich dicke falsche Wimpern anzukleben.

Der Tod trat hinter sie, beugte sich zu ihr herunter und drückte ihr einen Kuß auf die Wange.
Igitt, sagte die Zeit, was hast du nur für ein ekelhaftes Rasierwasser, und verzog angewidert das Gesicht.
Es ist kein Rasierwasser, sagte der Tod und lächelte geheimnisvoll, es ist ein neues Parfum, Liebste....

Die Zeit sah ihn interessiert an.
Du hast heute überhaupt so einen Humphrey-Bogart-Touch, sagte sie.
Der Tod fuhr sich mit einer gezierten Geste durchs brillantineglänzende Haar.
Ich bin eben flexibel, sagte er und pustete ein imaginäres Staubkorn von seinem Jackett.
Gefällt es dir? fragte er und drehte sich vor ihr langsam im Kreis.

In diesem Moment flog die Tür auf und der Augenblick stürzte gehetzt ins Zimmer.

Habt ihr vielleicht zufällig die Ewigkeit gesehen? fragte er, erschöpft nach Atem ringend, und sah sich suchend im Zimmer um.

Nein, zum Glück nicht, sagte die Zeit. Sie konnte die Ewigkeit nicht ausstehen.
Der Augenblick wandte sich wortlos um und ließ die Tür laut knallend ins Schloß fallen.

Die Zeit widmete sich wieder dem Spiegel.
Rella Tief war ja heute noch gar nicht da, sagte der Tod.
Sie hat doch eine Affäre mit irgendsoeinem Theo, erwiderte die Zeit, während sie sich die Haare kämmte, weißt du das nicht?

Mit welchem Theo, fragte der Tod verständnislos und probierte ein paar Dracula-Zähne vor dem Spiegel aus.
Theo Rieh, oder so, sagte die Zeit, mit dem hängt sie doch dauernd zusammen.

Da klingelte es stürmisch an der Haustür, und der Tod erhob sich, um zu öffnen.
Na, da bist du ja, sagte er nur, während Rella Tief den Raum betrat.
Hi, darling, sagte sie zur Zeit und setzte sich auf ihren Schoß. Na, was macht Theo, fragte die Zeit und fing an, sich ihre Fingernägel zu lackieren.
Ach, sagte Rella und kicherte, ich habe ihn schon ganz schön durcheinandergebracht. Es ist köstlich!

Der Tod saß auf einem kleinen Plüschhocker und sah gelangweilt aus dem Fenster.

Bist du schon wieder eifersüchtig? fragte die Zeit und schob Rella von ihrem Schoß, um aufzustehen.
Sie ging zum Tod und umarmte ihn sanft.
Ich kann ohne dich einfach nicht leben, sagte der Tod und seufzte.
Ja, weiß ich, antwortete die Zeit, mir geht es so ähnlich....

Ach Kinder, sagte Rella, nun hört doch mal mit dem albernen Liebesgesäusel auf. Das geht einem auf die Nerven. Und außerdem koch ich jetzt Kaffee. Hört ihr mir überhaupt zu?
Als sie keine Antwort bekam, zuckte sie nur mit den Schultern und ging in die Küche.

Die beiden waren so ineinander versunken, daß sie nicht bemerkten, wie die Ewigkeit leise ins Zimmer huschte.
Ein Lächeln flog über ihr Gesicht.

Sie glich dem Augenblick wie ein Ei dem anderen.

Als sie die Wirklichkeit in die Möglichkeit verwandelte, löste der Raum sich plötzlich lautlos auf und verschwand im Nichts.

Die Ewigkeit stand unbeweglich da.

Sie lächelte noch immer.

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Nutzer: Gast_Zabia
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geschrieben am: 19.01.2003    um 18:12 Uhr   
Ich hab auch nur gemeint, daß Martin Buber ähnlich die Zufriedenheit erklärt, Professor.

Schöne Geschichten zum Lesen und Nachdenken und auch zum Schmunzeln sind das hier!
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Nutzer: Der_Professor
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geschrieben am: 20.01.2003    um 21:48 Uhr   
Das Märchen von der traurigen Traurigkeit

An einem sonnigen Tag, der Frühling war in der Luft
schon zu riechen, saß an einer Waldlichtung ein kleines altes
Weibchen mit einem traurigen Gesichtsausdruck auf einer
riessigen Holzbank.
Da kam ein Liebespärchen des Weges.Kichernd und tuschelnd
kamen Sie näher und blieben vor der Bank stehen, um sich zu
umarmen und zu kosen.
Die beiden waren ganz versunken in ihrem Glück bis sie die
alte kleine Frau bemerkten.
"Warum bist Du so traurig?", fragten die beiden.
Da flüsterte das alte Mütterlein:
"Ich bin die TRAURIGKEIT, aber keiner braucht
mich mehr, denn die Menschen ziehen das Glück im Leben
vor."
"Da magst Du Recht haben oder auch nicht", sagten
die beiden Liebenden. " Aber sowie das Glück, ist auch die
Traurigkeit eine sehr wichtige Sache im Leben.
Stelle Dir doch einmal vor, wie die Menschen sich ohne Dich
entwickeln würden. Wer kein Leid kennt und keineTraurigkeit,
weiß das Glück doch garnicht zu schätzen".
Erstaunt schaute die Traurigkeit zu den beiden Menschen-
kindern empor. "Ist das denn wirklich wahr?"fragte sie
vorsichtig. "Dann überlege doch einmal selber, sagten die
beiden. Wie soll ein Mensch sich zum positiven verändern,
wenn er nicht traurig sein kann, über das Unrecht was er
getan hat? Und wie sähe die Welt aus, wenn wir über
Kriege und Hungersnöte glücklich wären anstatt traurig zu
und zu helfen? Ja, und wie währe das, wenn wir uns
begegnet wären ohne jemals den Anderen gesucht und vermißt
zu haben? Wie klein währe dann jetzt unser Glück und unsere
Liebe? Ohne Dich, die Traurigkeit könnten wir Menschen
unser Glück nicht genug schätzen und daran arbeiten es zu
behalten. Du liebe Traurigkeit bist manchmal Erholung und
die einzigste Möglichkeit um uns selbst zu finden, um zu
erkennen was wir im Leben eigentlich wollen.
Ohne die Traurigkeit gäbe es kein Glück und das währe wie
ein Jahr ohne Herbst und Winter."
Da fing das alte Weibchen plötzlich an zu lächeln, und
antwortete mit zittriger Stimme: "Wie recht Ihr habt,
und welch weise Worte Ihr redet,
Währe ich nicht so traurig gewesen, dann hätten Eure
Worte mich jetzt nicht erreicht und ich hätte nicht erkannt,
wie wichtig ich doch für Euch Menschenkinder bin."
Beschwingt stand Sie auf, bedankte sich noch einmal bei den
beiden und zog leise singend von dannen.
Wenn wir Menschenkinder einmal darüber nachdenken,
werden auch wir erkennen, wie wichtig ein Gefühl der
Traurigkeit auch in unserem eigenen Leben ist.
Wie sollten wir das Glück ohne sie je empfunden zu haben
erkennen
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