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geschrieben am: 18.01.2003 um 22:03 Uhr
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Die Hoffnung war heute wieder besonders penetrant. Sie trug ein schillerndes meergrünes Kleid aus einem fließenden, enganliegendem Stoff. Um die Schultern glitzerten Hunderte von kleinen Vielleichts, bunt und vielversprechend. Sie hatte sich außerdem jede Menge Träume auf dem Kopf drapiert, so daß es aussah wie ein schriller Hut mit imaginären Pfauenfedern, die bei jedem ihrer Schritte Form und Farbe veränderten.
Die Angst schlich ein paar Schritte hinter ihr, wie ein Schatten. Beide versuchten krampfhaft, sich zu ignorieren.
Die Hoffnung kam leise näher, beschwingten Schritts, und summte eine sentimentale Melodie leise vor sich hin.
Maja fühlte, wie das Lied sie berührte und war sich der Versuchung bewußt, die von der Musik ausging. Sie konnte das Verlangen spüren, einfach hinzugehen, sich umarmen zu lassen und zu versinken in Welten, die bunt waren und ekstatisch.
Doch der Schatten, der der Hoffnung folgte, kam immer unvermittelt und verwandelte das Paradies in die Hölle, von einem Augenblick zum anderen, und es gab keine Flucht.
Maja schüttelte heftig den Kopf und versuchte aufzustehen.
Es fiel ihr schwer, sie war wie betäubt von dem schweren sinnlichen Duft, den die Hoffnung ausströmte und den kleinen unhörbaren Lockrufen der Vielleichts.
Du gehst mir entsetzlich auf die Nerven, sagte sie zur Hoffnung und vermied dabei, sie anzusehen.
Sieh doch, erwiderte die Hoffnung völlig unbeeindruckt, mein neues Kleid.....
Du weißt doch, wie es heißt, nicht wahr, sagte die Hoffnung und kicherte. Sie fing an zu lachen. Ihr Lachen hatte einen schrillen Unterton und Maja sah, wie der Schmerz plötzlich um die Ecke geschossen kam und die Hoffnung mit einer unwirschen Handbewegung zur Seite stieß.
Soll ich Dir helfen, sie loszuwerden? fragte der Schmerz und setzte sich neben sie, so dicht, daß es ihr unangenehm war. Die Angst hatte sich an der Hoffnung vorbeigeschlichen und stand lauernd vor ihr.
Maja fing an zu laufen.
Die Hoffnung lief ein Stück hinter ihr her, aber all die Vielleichts und Träume hinderten sie daran, das Tempo zu halten. So blieb sie zurück und sah Maja aus ihren dunklen, verhangenen Augen nach, wartend...
Maja rannte noch ein Stück, bis sie ihren Atem spüren konnte und ihr Herz schlagen hörte, dann setzte sie sich auf einen großen warmen Stein und ruhte einen Moment lang aus.
Der Schmerz stand hinter ihr und legte ihr seine Arme sanft um den Hals.
Sie ließ es einfach geschehen.
Irgendwann öffnete sie die Augen und sah ihn vor sich sitzen.
Er war alt, uralt, und nur manchmal sah er jung aus, doch bei näherem Hinsehen erkannte sie ihn immer.
Warum läßt du mich nicht endlich zufrieden, fragte sie ihn.
Ich bin hier, um dir zu helfen, sagte er.
Er sah sie an, und in diesem Augenblick wußte sie, daß er recht hatte.
Sie mochte ihn trotzdem nicht. Wann immer es ging, versuchte sie ihm aus dem Weg zu gehen, aber er tauchte oft so unvermittelt auf, daß sie es nicht schaffte.
Aber du tust mir weh, sagte sie und sah ihn an.
Die Traurigkeit setzte sich neben sie und hielt ihre Hand.
Würdest du sonst verstehen? fragte der Schmerz. Seine Stimme war auf einmal ganz weich und liebevoll.
Sie lehnte sich an die Schulter der Traurigkeit und schloß wieder die Augen.
Leise erhob sich der Schmerz und ging.
Soll ich dich ein bißchen begleiten, fragte die Traurigkeit, als sie aufstand.
Ja, antwortete sie, komm, wir gehen....
Sie gingen Hand in Hand durch die Nacht, lange Zeit, bis der Horizont sich langsam rot zu färben begann.
Ich muß dich jetzt verlassen, sagte die Traurigkeit und blieb stehen. Sie liebte die Nacht.
Ich weiß, sagte Maja leise, auf Wiedersehen.
Sie setzte sich in ein kleines Restaurant am Wegrand, das einladend nach frischem Kaffee roch.
Der Ober kam aufgeregt und fragte nach ihren Wünschen.
Sie müssen sich beeilen, sagte der Ober und wedelte nervös mit der Speisekarte. Der Film fängt gleich an. Er verschwand, leise vor sich hinmurmelnd, und kam kurz darauf mit dem Kaffee wieder. Erwartungsvoll sah er sie an.
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"..man muss noch Chaos in sich haben um einen tanzenden Stern gebären zu können.." -Nietzsche-
Wolke, im Chat besser bekannt als Windstille |
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