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geschrieben am: 14.12.2002 um 23:49 Uhr
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Ach, dachte ich, man darf sich nicht überanstrengen. Obwohl es nicht ganz in Ordnung war, will man gut werden, müsste man Tag und Nacht arbeiten. Aber draußen schien die Sonne, die drückende Hitze hatte sich bereits gelegt. Und ich gab dem Faultier in mir nach und beschloss, ein wenig in den Park zu gehen. In Ruhe einfach nur dasitzen, rauchen und schauen, was die Welt so trieb.
Im Park waren sogar mehrere Bänke frei, ich konnte mir eine aussuchen. In der Nähe befand sich ein Kinderspielplatz, aber nicht so nah, dass der Lärm störte. Kinder beobachten, machte mir Spaß. Diese Lebensfreude, die sich im Laufen, Klettern und Ball spielen zeigte, erzeugte in mir ein heiteres Gefühl. Na, ich möchte es nicht verschweigen, auch die jungen Mütter in ihrer luftigen Kleidung erzeugten in mir ein freudiges Gefühl. Schöne glückliche Menschen sehen, das tat mir einfach gut. Ich wusste, die Welt war nicht in Ordnung, und wenn alles so weiter geht, gerät sie eines Tages aus den Fugen. Aber war ich kleiner Mann für die Welt verantwortlich? Ich hatte mir einen Ort gesucht, an dem es den Anschein hatte, als wäre die Welt im Frieden und im Glück. Einfach nur dasitzen und atmen und nichts denken. Nachdem ich die Zigarette sorgfältig ausgedrückt und in den Mülleimer geworfen hatte, wie es ein anständiger Bürger macht, faltete ich die Hände über mein kleines Bäuchlein, streckte die Beine weit von mir, ließ den Kopf sich anlehnen, er sollte sich auch ausruhen, der gute, schloss die Augen und bot der Sonne mein Gesicht dar. Ich träumte ein wenig von Africa. Die Weite, die Tierherden, der Nakurusee, als uns die kleinen Affen überfielen... ich träumte und träumte.
„He!“
Ich fuhr hoch.
„Was ist los?“
„Sie schnarchen.“
Neben mir saß ein Mädchen, ein schönes Mädchen, das musste ich schon eingestehen, sehr schön sogar, wie ein Engel.
Ich drehte den Kopf ein wenig zur Seite, und ich hatte noch das Lächeln aus Africa geschickt im Gesicht.
„Setz dich doch auf ’ner and’ren Bank, sind genügend frei.“
„Nö“, antwortete sie und warf mir einen Augenaufschlag zu, dass ich dachte, dieser Engel hat vielleicht den Teufel im Leibe.
„Warum denn nicht?“
Sie lächelte.
„Einmal kann man hier schön die Kinder beobachten und außerdem“, wieder dieser Augenaufschlag, „hatte ihr Gesicht so einen glücklichen Ausdruck trotz des Schnarchens, dass es mich interessiert, warum.“
„Mh“, knurrte ich und betrachtete sie von der Seite.
„Ja, es stimmt, ich trage keinen BH.“
„Uff“, antwortete ich und richtete mich etwas hoch, „ich bin zwar alt, aber auch noch ein Mann, entschuldige bitte, wenn sich meine Augen ein bisschen verirrten.“
Sie grinste.
„Das sollen ja die Augen der Männer, sonst würde ich ja einen tragen.“
Ich räusperte mich. Meine Güte, dachte ich, die Kleine hat’s aber faustdick hinter den Ohren.
„Na ja“, sagte ich dann, „wenn du es so siehst, sag ich dir, du hast es auch nicht nötig, einen zu tragen, bist ein verdammt hübsches Kind.“
Sie lächelte wieder mit Augenaufschlag. Ich vergaß es, die Kinder zu beobachten.
„Ich bin kein Kind“, sagte sie.
„Okay, entschuldige, übrigens hast du auch ein schönes Gesicht, ich guck nicht nur auf die Brüste, wie alt bist du denn?“
„21 und Sie?“ Sie wippte mit ihren hochhackigen schwarzen Lackstiefeln, die bis über die Knie reichten. Die Wärme schien ihr nichts auszumachen. Zwischen Stiefelrand und Rockansatz sah man trotzdem noch sehr viel von den Beinen. Mit einem anderen Wort, die Kleine hatte sich verdammt „scharf“ zurechtgemacht.
„Oh“, ich stöhnte etwas, „ich bin 50.“
Warum, dachte ich bei mir, fange ich an zu lügen, ich bin doch 52, bin ich ‚ne Frau, oder was.
„Schönes Alter.“ Ihr Lächeln war vieldeutig.
Ha, schön wie ein Engel, überlegte ich, ich hab’s hier doch nicht etwa mit einer Professionellen zu tun und dachte mit Wehmut an meine Barschaft. Andererseits, ihr Gesicht war einfach zu unschuldig für eine Professionelle, und damit beendete ich meine Überlegung in diese Richtung.
„Und warum hatten Sie dieses glückliche Lächeln im Gesicht? Sah irgendwie gut aus.“
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