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Re-Reform

Nutzer: JesusLovesYou
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geschrieben am: 10.08.2004 um 05:11 Uhr

"Rechtschreibreform: Ein Ris(ÃŸ)s geht durch Deutschland

Hamburg (dpa) - Genau fÃ¼nf Jahre nach EinfÃ¼hrung einer neuen Rechtschreibung ist die Debatte um das Regelwerk auf einem neuen HÃ¶hepunkt: Die RÃ¼ckkehr mehrerer GroÃŸverlage zur gewohnten Schreibweise ist in schÃ¤rfsten TÃ¶nen kritisiert worden. Die Kultusministerkonferenz argumentiert mit den Kosten einer Umstellung. Viele Gegner der Reform lassen das nicht gelten: SchlieÃŸlich sei das auch 1999 kein Hindernis gewesen. Somit bewegt Deutschland derzeit trotz Hartz IV und Irak vor allem die Frage, ob zusammen geschrieben etwas anderes ist als zusammengeschrieben."

[schwarz]Wunderbar. Ein Jahr vor der endgÃ¼ltigen EinfÃ¼hrung und damit dem Ende der Umstellungsperiode der neuen Rechtschreibung (nach sechs stolzen Jahren!) fallen zwei groÃŸen Verlagen ein, wieder zur alten zurÃ¼ckkehren, weil ihnen die neue anscheinend doch nicht mehr ganz so in den zu eng geschneiderten Kragen passt. Darunter fÃ¤llt Ã¼brigens auch der etablierte Springer-Verlag, der bisher mit dem schÃ¶ngeistigsten Blatt unseres Landes, der BILD, von sich reden machte. Gerade der Leiter dieses Drecksblattes, die Personifikation der kollektiven Verdummung, erdreiÃŸtet sich nun in die Stellung, eine intellektuell wichtige Invasion gegen den Staat vorzunehmen und mit seinem Kopf dafÃ¼r zu stehen. Selbst die naiven, dÃ¤mlich-debilen Schlampen auf der ersten Seite der BILD werden zu Revoluzzern mit dem Ziel, die neue Schreibweise und den abgehobenen Beschluss des Staates zu stÃ¼rzen. Den Lesern wird's so oder so nicht auffallen: auf den grauen Seiten dieser Gazette findet man auch mit der alten Rechtschreibung noch mehr Fehler als im Diktat eines HilfsschÃ¼lers, der vor einer Woche unsere Sprache lernte.

Aufgrund dieser Auseinandersetzung sah ich mir am Sonntag sogar Sabine Christiansen mitsamt dazugehÃ¶riger Diskussionspartner an und war mir nach einigen Minuten klar darÃ¼ber, dass hier zwei Welten aufeinander treffen: Die der bornierten, grÃ¤ulich melierten, konservativen KÃ¶pfe, die sich nicht umstellen mÃ¶chten und nach eigener Aussage nicht kÃ¶nnen, da das Gehirn schlieÃŸlich mit dem Alter nicht mehr so schnell umdenken kÃ¶nne (kurz davor waren sie schnell noch beim Figaro, der ihnen die Haare frisch tÃ¶nte, um sie jung aussehen zu lassen, und flugs bei diesem Thema waren sie wieder alt und zerbrechlich) und die der jÃ¼ngeren Generation respektive der offeneren Geister, die sich auf VerÃ¤nderungen einstellen kÃ¶nnen und diese auch mÃ¶chten.

VÃ¶llig auÃŸer Acht gelassen, ob die Reform nun sinnvoll und die Ã„nderungen praktikabel sind: Es ist zu spÃ¤t zum RÃ¼ckzug. Man hÃ¤tte sich vor dem Beschluss darÃ¼ber einig werden mÃ¼ssen, ob es nun durchgezogen wird oder nicht. Wieso schrieb die BILD nicht von Beginn an in der alten Schreibweise und setzt damit ein Zeichen? Das eigentliche und wirklich ausschlaggebende Argument gegen den spÃ¤ten RÃ¼ckzug sind fÃ¼r mich die SchÃ¼ler. Stellen wir uns vor, ein SchÃ¼ler befindet sich in der elften Klasse, lernte in der Grundschule die alten Regeln, gewÃ¶hnte sich danach sieben Jahre lang an die neuen, muss in der zwÃ¶lften wieder auf die alte umstellen und unter diesen Bedingungen seine AbiturprÃ¼fung im Leistungskurs Deutsch schreiben. WÃ¤re das Ergebnis wohl eine Erfolgsbescheinigung fÃ¼r diesen verspÃ¤teten RÃ¼ckzieher?
Das Problem ist, dass solch eine grundlegende Reform vÃ¶llig falsch verstanden wird: Es ist eine VerÃ¤nderung fÃ¼r die nÃ¤chste Generation, fÃ¼r die zukÃ¼nftigen SchÃ¼ler. Sie entfaltet doch erst ihre volle Wirkung, wenn jeder BÃ¼rger sie von vornherein zur Schulzeit so gelernt hat, und dies wird erst in einigen Jahrzehnten der Fall sein. Es geht ums Erlernen, denn eines ist doch klar: die neuen Schreibweisen sind logischer und leichter herleitbar fÃ¼r Kinder. Platz mit T und plazieren ohne T ging nie in meinen SchÃ¤del, genauso wie eine Verbindung aus Schiff und Fahrt mit einem weggeworfenen F, weil's einfach schÃ¶ner anzusehen ist. Allein aus einem einzigen Grund ist ein solcher RÃ¼ckzieher fÃ¼r mich schon von vornherein indiskutabel: Dieses gesamte Hin und Her wird im Endeffekt nur von den Schultern der SchÃ¼ler getragen, die Zukunft eines Verlages hÃ¤ngt schlieÃŸlich nicht von den Bewertungen der Leser Ã¼ber deren Rechtschreibung ab - die der SchÃ¼ler schon.

FÃ¼r mich geht aus dieser ganzen Diskussion nur das Fazit hervor, dass wir stÃ¤ndig Angst vor zu vielen VerÃ¤nderungen haben, und zwar nur wegen mÃ¶glichen Schwierigkeiten, die sich vor uns aus der Umsetzung dieser Neuerungen auftun kÃ¶nnten und deswegen von vornherein und mit allen Mitteln verhindert werden wollen. Wenn sich die BILD-Redaktion neuerdings unbedingt fÃ¼r etwas engagieren will, dann bitte fÃ¼r Autoren mit Talent.[/schwarz]