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geschrieben am: 18.12.2000 um 20:02 Uhr
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Wenn ich dran denke, daß war ein Lied, das ich hunderte Male gespielt hab an einem Nachmittag und das mir meine familie nicht verziehen hat:
(Text F.J. Degenhardt)
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,
sing nicht ihre Lieder.
Geh doch in die Oberstadt,
mach's wie deine Brüder.
So sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor.
Er schlich aber immer wieder durch das Gartentor
und in die Kaninchenställe, wo sie 66 spielten,
unter Pack- und Rattenfelle, Mädchen unter Röcke schielten.
Wo auf alten Bretterkisten Katzen in der Sonne dösten,
wo man, wenn der Regen rauschte,
Engelbert dem Blöden lauschte,
der auf seinen Haarkamm biss,
Rattenfängerlieder blies.
Abends am Familientisch, nach dem Gebet zum Mahl
da hieß es dann: "Du stinkst schon wieder nach Kaninchenstall."
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,
sing nicht ihre Lieder.
Geh doch in die Oberstadt,
mach's wie deine Brüder.
Sie trieben ihn in eine Schule in der Oberstadt,
kämmten ihm die Haare und die krause Sprache glatt.
Lernte Rumpf und Wörter beugen,
und statt Rattenfängerweisen
mußte er das Largo geigen
und vor dürren Tantengreisen
unter roten Rattenwimpern
Bartoks Kinderszenen klimpern
und verklemmt in Viererreihen
Knochen morsch und morscher schreien
zwischen Fahnen aufgestellt
brüllen, daß man Freundschaft hält.
Schlich er manchmal abends zum Kaninchenstall davon,
dann hockten da die Schmuddelkinder, sangen voller Hohn:
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,
sing nicht ihre Lieder.
Geh doch in die Oberstadt,
mach's wie deine Brüder.
Aus Rache ist er reich geworden in der Oberstadt.
Da hat er sich ein Haus gebaut, nahm jeden Tag ein Bad.
Roch wie bessre Menschen riechen,
lachte fett, wenn alle Ratten,
ängstlich in die Gullys wichen,
weil sie ihn gerochen hatten.
Und Kaninchenställe
riß er ab, an ihre Stelle
ließ er
Gärten für die Kinder bauen,
liebte hochgestellte Frauen
schnelle Wagen und Musik
blond und laut und honigdick.
Kam sein Sohn, der Nägelbeißer
abends spät zum Mahl
Dann roch er an ihm, schlug ihn, schrie:
"Du stinkst nach Kaninchenstall."
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,
sing nicht ihre Lieder.
Geh doch in die Oberstadt,
mach's wie deine Brüder.
Und eines Tages hat er eine Kurve glatt verfehlt
Man hat ihn aus einem Ei von Schrott herausgepellt.
Als er später durch die Strassen
hinkte, sah man ihn an Tagen
auf 'nem Haarkamm Lieder blasen,
Rattenfell am Kragen tragen.
Hinkte hüpfend hinter Kindern,
wollte sie am Schulgang hindern
und strich um Kaninchenställe.
Eines Tags in aller Helle
hat er dann ein Kind betört,
und in einen Stall gezerrt.
Seine Leiche fand man, die im Rattenteich rummschwamm.
Und drumherum die Schmuddelkinder,
bliesen auf dem Kamm:
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,
sing nicht ihre Lieder.
Geh doch in die Oberstadt,
mach's wie deine Brüder.
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