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geschrieben am: 07.09.2002 um 14:26 Uhr
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[i][blau]Hier will ich von der Spezies der Computerfreaks berichten, deren Sitten sehr eigenartig sind (mit Erklärung aller Fachausdrücke). Wer von den Computerfreaks kein eigenes System laufen hat, wer nicht tief in der Hardware wühlt, gilt bei ihnen wenig. (Hardware ist das, was beim Runterfallen klappert, Software das, wovon man logisch erklären kann, warum es nicht funktioniert. Nicht zu verwechseln mit dem Problem, herauszufinden, warum man es nicht zum Funktionieren bringt, diese Frage ist ungelöst.) Sie sammeln meist abgekupferte (ein Ausdruck, den ich hier nicht näher erläutern will) Software, aber den meisten bedeutet die "höhere Software" eigentlich wenig. Ihre Domäne sind die Bits und Bytes, die Controller und schnellen RAMs. Viele wollen große Geschäfte machen, wozu sie sich persönlich herausgefordert fühlen. In der Regel sind sie Einzelkämpfer, wiewohl sie auf eine gewisse geheimbündlerische Art zusammenhalten. (Bits und Bytes sind das, was zwischen Hard- und Software steht, Controller und RAMs unterscheiden sich nicht: schwarze Kästchen mit einer geradzahligen Anzahl in Doppelreihe angeordneter spitzer Drahtfüßchen.)
So leben sie
Manchmal hegen sie puritanische Neigungen, zum Beispiel hinsichtlich höchstqualifizierter Disketten, deren Label (Etikett) sie, wenn überhaupt, nur zart in jungfräulicher Bleistiftschrift entweihen. Ich nehme an, Sie wissen, was ein Bleistift ist. Disketten sind schwarze Scheiben, auf denen angeblich etwas in magnetischer Schrift geschrieben ist, was aber unsichtbar und aus unbekannten Gründen auch für den Computer oft nicht zu lesen ist. Wenn man sie knickt, auf Magnete oder in die Sonne legt, wird man ohne Kommentar umgebracht. Die Beziehung des Computerfreaks zum anderen Geschlecht wirft einige Fragen auf, vergleichbares gibt es höchstens bei HiFi-Enthusiasten, die um größere Boxen kämpfen und das Recht, sie nicht hinter dem Vorhang verstecken zu müssen. Doch es ist anders, sie breiten ungehindert ihre Platinen und ICs in der Wohnung aus - weiß der Teufel, warum Eva das zulässt. Verstehen tut sie nichts davon. Vielleicht aber gerade deshalb, denn die Frauen klagen die Männer wegen allerlei unvernünftiger Dinge an, zum Beispiel weil sie Kriege führen; verhindern tun sie jedoch nur das, was sie verstehen. Jedenfalls sind Leute, die Annoncen wie "wegen Heirat Computersystem zu verkaufen" aufgeben keine ganzen Männer. Wenn Computerfreaks zusammenkommen, dann nicht ohne meterlange, gefaltete Listings (das sind Papierfahnen, die von grässlich ratternden Maschinen, sog. Druckern oder einer elektrischen Schreibmaschine ausgespieen werden, welche am Computer hängen. Das ist übrigens der Grund, warum der Rest der Familie nachts nicht schlafen kann und diese dunklen Ringe unter den Augen hat - abgesehen davon, dass Computerfreaks zwischen abends 23 und 2 Uhr morgens auffallend viel Telefonanrufe oder Besuche erhalten, falls sie nicht um diese Zeit beim Stammtisch sind.) Sie haben auch große Kisten bei sich, in denen sie sich Bücher, Geräte oder vor allem irgendwelche Platinen mitbringen. Sie lieben es außerordentlich, sich etwas Gedrucktes mitzubringen. (Platinen, auch "gedruckte Schaltungen" genannt, sind halt Brettln mit Leiterbahnen drauf, auf ihnen befinden sich die schon beschriebenen Käfer, wobei vor allem wichtig ist, wie dünn und eng beieinander die Leiterbahnen (die kupfernen Striche) sind. Das nennt man Packungsdichte und es ist sehr wesentlich, weil der Computer daraus besteht.) Dabei wechseln innerhalb eines Clubs oder Stammtischs die Standards - früher fachsimpelte man über Cassetteninterfaces (da hört man sehr schrilles Zirpen, ähnlich wie bei einer Grille, die gerade die Schallmauer durchbricht), dann über kleine, später über große Diskettenlaufwerke. (Sie müssen sich die Maße 5 1/4 und 3 1/2 Zoll gut einprägen, wenn Sie mitreden wollen.) In die Laufwerke schiebt man die schwarzen Scheiben und sucht die Ursache dafür, warum man sie nicht mehr lesen kann.
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